Am 31.3. 2018, 19.30 Uhr wird die Arte TV Dokumentation „Im Tal der Rosen – Bulgariens blühender Schatz“ wiederholt. Die Erstaustrahlung war vor einem Jahr. Dieser Film ist für mich der beste zu diesem Thema und es hat nichts damit zu tun, dass ich ihn intensiv mit begleitet habe. Er ist sensibel, ohne kitschig, informativ ohne nüchtern, authentisch ohne dramatisch zu sein. Und ich empfehle, ihn mit guten Freunden und mit Rosenschokolade zu genießen. So einen Film konnte nur jemand machen, der offen, feinfühlig und wertschätzend ist. Und all das war das Arte Drehteam.
Hier kannst du den Film anschauenhttps://youtu.be/J6eXkhxwD4o
Da mich ganz viele Menschen gefragt haben, wie es überhaupt dazu kam, dass Arte sich an mich gewandt hat, wie der Film entstanden ist und was wir gemeinsam dabei erlebt haben, möchte ich heute ausführlicher darüber berichten. Ohnehin konnten nicht alle Details über die betreffenden Protagonisten im Film genannt werden. Und es war schon sehr interessant, was hinter den Kulissen geschah.Tatsächlich hat sich alles so wundersam gefügt, wie es nur geschieht, wenn es von einer höheren Warte gelenkt wird.
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Die junge Frau am Telefon klingt ausgesprochen sympathisch und sie hat einen französischen Nachnamen. „Wir wollen für die Sendereihe Wunderwelten bei Arte TV einen Film über das Tal der Rosen drehen – sagt sie – und Sie sind uns als Expertin empfohlen worden.„ Ich bin überrascht und erfreut zugleich. Auch wenn ich seit über 20 Jahren keinen Fernseher mehr besitze, die Dokus von Arte TV mochte ich schon immer. „Wie sind Sie auf mich gekommen“ – frage ich – während ich versuche mich an ihren Namen zu erinnern, der mir leider schon wieder entfallen ist. Ich merke mir Namen ohnehin kaum, dass ihrer – wenn auch wohlklingend – französisch ist – macht es mir besonders schwer.
„Die Bulgarische Botschaft hat Sie uns empfohlen“ – sagt sie ganz selbstverständlich. „Können Sie sich vorstellen, uns bei unserer geplanten Dokumentation über das Tal der Rosen zu beraten und zu unterstützen?“ Nun bin ich so sehr überrascht, dass es mir die Sprache verschlägt. Das ist doch unmöglich, in der Botschaft hat kein Mensch Kenntnis von meinen alljährlichen Reisen zur Rosenblüte. Bis auf eine einzige Person, der ich beiläufig davon erzählte. Und „zufällig„ hatten sie genau diese am Telefon. Von den vielen Botschaftsmitarbeiter haben sie diese eine befragt. Jeder andere hätte ihnen diese Auskunft gar nicht geben können und die Geschichte hätte möglicherweise einen anderen Lauf genommen…und dieser Film wäre gar nicht – in dieser Form – entstanden. Doch, wie immer wenn es um die Botschaft der Natur geht, lenken die Naturkräfte das Geschehen mit. Und die Rose sowieso.
Und dann kam die nächste Überraschung: In dem Film soll es um Politik und Wirtschaft im Tal der Rosen gehen. „Nein“ – sagten mein Kopf und mein Mund nahezu gleichzeitig. „So eine unglaublich wilde Natur, so eine Rosenpracht und dann soll es um Politik und Wirtschaft gehen ? Da mache ich nicht mit!“ Nun war meine Gesprächspartnerin an der Reihe überrascht zu sein. „Wie nein ??? Der Film kann doch eine wunderbare Werbung für Sie und für Ihre Rosenreisen sein.“
Wie so oft, verselbständigt sich in diesem Moment der Teil in mir, der ganz eng mit der Natur in Verbindung steht, übernimmt die Führung und beginnt Wortbilder zu sprudeln. Und ich höre mich ihr von den Wundern erzählen, die mir alljährlich auf den Rosenreisen begegnen, von dem üppigen Duft, der alles in uns durchdringt und uns die Welt für eine Weile durch die rosarote Brille sehen lässt, von dem Wandel in jedem einzelnen Teilnehmer, der innerhalb weniger Tage auch äußerlich sichtbar wird, von der Symbolik der Rose und von dem Unsagbaren, das während der Reise immer präsent ist und nur mit dem Herzen fühlbar ist.
Am anderen Ende der Leitung ist andächtige Stille. So hat sie die Rose noch nie gesehen, sagt dann die Frau mit dem wohlklingenden französischen Namen. Sie wird den neuen Ansatz im Team vortragen und sich erneut bei mir melden. Als wir auflegen, frage ich mich, ob ich nicht zu weit gegangen bin und sie mit meiner Sicht total überfordert habe. Aber so ist die Rose nun mal, sie kommt gern mit Pauken und Trompeten.
Dieses Telefonat war der Anfang einer wunderbaren Zusammenarbeit, die schließlich zu diesem sehr gut recherchiertem Film geführt hat. Ebenso beginnt von da an ein reger schriftlicher und telefonischer Austausch zwischen uns. Sehr freundlich, sehr respektvoll und sehr inspirierend. Jedes mal füge ich noch eine Rosengeschichte, noch einen Hinweis, noch ein ungewöhnliches Erlebnis mehr hinzu. „Das ist wirklich sehr bemerkenswert, aber, die Vorgabe ist doch Politik und Wirtschaft“ höre ich dann daraufhin.
„Ach, wissen Sie, bei Politik und Wirtschaft kann ich Ihnen nicht wirklich behilflich sein. Zum einen verstehe ich nichts davon, zum anderen: Was gibt es schon Besonderes im Tal der Rosen über Politik und Wirtschaft zu berichten? Außer dass es dort Rüstungsindustrie gibt. Welch ein Glück, dass am gleichen Ort die Rosen wachsen, damit diese Kräfte ausgeglichen werden. Dornen und Blüten – ganz Rose eben. Über Mensch und Natur könnte ich schon etwas mehr beitragen. Wissen Sie eigentlich, dass im Gebirge in Bulgarien ein Felsen steht, der nach Rosen duftet ?“
Und ich erzähle ihr davon, wie ich dieses Naturwunder vor vielen, vielen Jahren, noch lange vor meinen Rosenreisen entdeckte. Wie ich es deutlich fühlte, dass in der Natur etwas Außergewöhnliches zu finden ist, wie ich danach suchte und die Einheimischen befragte, bis es mir den Ruf der „Verrückten aus Deutschland“ einbrachte. Und dann, eines Tages… begab es sich, dass ich auf einen Menschen traf, der auf Du und Du mit der Natur steht – einen Schäfer. Und dieser führte mich dann zu dem Rosenfelsen. Doch die Geschichte mit dem Rosenfelsen ist eine eigene Erzählung wert.
So ging es eine ganze Weile mit uns. Politik und Wirtschaft auf der einen – Mensch und Natur auf der anderen Seite. Ich war jedoch unbeugsam, fügte jedes mal meine Rosengeschichten an und wie ich die Natur wahrnehme. Warum ich meine Rosenmission lebe und dass für mich der Duft der Rose wie ein Liebesbrief ist, der direkt ins Herz geschrieben wird.
Während eines geführten Telefonats hörte ich meine Gesprächspartnerin am Ende einer Rosengeschichte ganz tief ausatmen. Nach einer längeren Pause sagte sie dann leise: Du hast gewonnen, Ekaterina. Wir machen eine Dokumentation zum Thema Mensch und Natur. Während in meinem Inneren goldene Perlen begannen zu hüpfen, fügte sie hinzu. „Aber wie soll es denn gehen, wir brauchen dafür Kontakte zu passenden Menschen und ihre Lebensgeschichten. Wir wollen einen guten Film machen und ein guter Film lebt nun mal von echten Geschichten. Und soviel Zeit ist nicht, um Geschichten und Menschen ausfindig zu machen.“
In diesem Moment geschah etwas, das ich aus meiner Kommunikation mit der Natur gut kenne. Voller Dankbarkeit und Freude zeigte sie mir vor meinem geistigen Auge die Protagonisten. Auch, dass dieses Vorhaben aus den Reichen der Natur mit unterstützt werden würde. Alles war bereits vorhanden, man musste nicht erst suchen. „Da bin ich dabei – sagte ich. “ Ich kann euch alles was ihr braucht liefern. Der Film existiert außerdem schon, ihr müsst ihn „nur noch“ abdrehen.“
Als Erstes erzählte ich ihr von meiner Bekanntschaft mit den Frauen aus drei verschiedenen Generationen. Ich hatte sie im Jahr zuvor kennengelernt. Es war das erste mal, dass ich nach einer Rosenreise länger im Tal der Rosen blieb. Ich fand es interessant zu sehen, wie sich die Natur nach der Rosenblüte verändert. Auch wollte ich mir die Zeit nehmen mit mir und mit den Orten zu sein, die ich sonst in Begleitung mit meinen Gruppen aufsuche.
Ich hatte mich in ein einfaches Häuschen eingemietet und genoss die Auszeit. An diesen bestimmten Tag erinnere ich mich ganz genau. Er begann damit, dass mich ein Storch bei meinem Morgenspaziergang durch die kräuterreichen Felder begleitete. Zwar schritt er mit seinen langen Beinen in einem sicheren Abstand neben mir, jedoch war es eindeutig, dass er mit mir zusammen lief.
Auf einem der Felder bemerkte ich drei Frauen, die bereits früh um 8.00 Uhr den Boden mit einfachen Geräten bearbeiteten. Da es ein sehr heißer Tag war, konnte ich erst am Nachmittag wieder rausgehen. Es war gegen 17.00 Uhr und die Frauen waren noch immer auf dem Feld. Sie hatten mittlerweile Sonnenhüte aufgesetzt und waren weiterhin fleißig. Ich fragte mich, wie sie es bei dieser Hitze aushielten diese schwere körperliche Arbeit auszuführen. An ihrem kleinen Feld stand ein Pferd und ich blieb bei ihm stehen, während ich aus meinen Augenwinkeln bewundernd die Frauen beobachtete. Die Luft roch kräftig nach Kamille und Schafgabe, die in dieser Gegend ganz besonders oppulent wächst.
Hinter dem Pferd taucht ein junges Mädchen auf. „Ist es dein Pferd“ – frage ich. „Darf ich es mal streicheln ?“ „Ja“ – sagt sie. „Es ist mein Pferd. Und du darfst es gern streicheln. Es ist nicht nur ein sehr liebes Tier. Es hat mir sogar mal das Leben gerettet“. Bitte erzähle es mir – sage ich – wie ist es passiert?
Sie lächelt glücklich, macht ein wichtiges Gesicht und beginnt langsam und ausführlich zu erzählen. Die Menschen hier haben es nicht eilig. Ihre Geschichten und die wunderschöne Natur ist alles was sie haben. Ich erfahre, dass sie mit der Pferdekutsche im Gebirge unterwegs war, als plötzlich das eine Rad von der Kutsche abfiel, das Gefährt dadurch kippte und auf den Abgrund zu steuerte. Nur weil das Pferd mit letzter Kraft den Wagen herumriss, konnte das Schlimmste verhindert werden.
„Und weißt du, dort ist es wirklich sehr steil“ – sagte sie – „ich hätte es nicht überlebt.“ „Oh ja“- antwortete ich – „Ich kenne diese Gegend. Sie ist wirklich sehr steil. Gut, dass du mit diesem Engel von Pferd unterwegs warst.“ Sie strahlt mich an und fragt: Woher kennst du dich eigentlich so gut aus ? Du bist ja nicht von hier. Was führt dich zu uns?“ „Meine große Liebe, die Rosen – antworte ich ihr. „Ich komme seit vielen Jahren zur Rosenernte und bringe Mensch und Natur miteinander in Kontakt.“ Sie versteht sofort was ich meine und nickt langsam.
Viele Momente später reißt sie die Augen auf und sagt – “ ROSEN!!! Wir haben auch mit Rosen zu tun! Schau, da drüben sind meine Mutter und meine Oma. Und das da ist unser Rosenfeld. Na ja, es dauert noch etwas bis es blüht.“ „Drei Jahre“ – antworte ich ihr. „Und bis dahin ist noch so viel Arbeit“ – sagt sie. „Und wir sind allein. Die Männer in unserer Familie sind leider alle schon sehr früh verstorben. So müssen wir Frauen mit allem allein zurecht kommen. Hast du Lust, dass ich dich mit meiner Mutter und mit meiner Oma bekannt mache? Komm mit!“ Freudig stampfen wir zu den beiden erstaunten Frauen und unterwegs dorthin erfahre ich ihren Namen: Katja.
Wow, was für eine tolle Geschichte – sagt meine Telefonpartnerin. Das Leben schreibt doch immer die besten Geschichten. Das ist genau das, was wir suchen. Wenn wir jetzt noch einen Destillateur auftreiben könnten, der ganzjährig Roma beschäftigt – sagt sie seufzend. Doch das ist wie die Nadel im Heuhaufen zu finden. Mir ist bekannt, dass die Roma eher unregelmäßig angestellt werden und saisonal tätig sind.“ „Wir haben so einen Destillateur“ – antworte ich. Meinen. Mit dem ich seit vielen Jahren zusammenarbeite. Seine Mitarbeiter sind größtenteils Roma und seit über 18 Jahren bei ihm. Wie mein Destillateur und ich überhaupt zu einander gefunden haben, ist auch eine eigene Geschichte wert. Die erzähle ich an anderer Stelle.
Damit stand es fest, dass es den Film geben würde. Wir mussten nur noch einen passenden Zeitpunkt finden, an dem meine Gruppe noch nicht da ist, damit ich die Regisseurin herumführen und schon mal mit den Menschen bekannt machen kann. Während meiner Rosenreise würde sie dann mit dem Drehteam kommen, um sie in ihrer Umgebung filmen. Außerdem wollte sie gern noch eine bulgarische Pflückerin ausfindig machen, damit die unterschiedlichen Sichtweisen aufgezeigt werden können.
Wir begegneten uns das erste mal persönlich auf dem Flughafen in Berlin Tegel und flogen dann gemeinsam nach Sofia. Susanne und ich verstanden uns auf Anhieb. Ich mochte ihr offenes, unkompliziertes Wesen und sie verstand meinen etwas schrägen Humor. Das was dann folgte war natürlich Arbeit, jedoch hatten wir in jedem Moment Spaß bei dem was wir taten. Von Sofia aus machten wir uns mit dem Mietauto ins Tal der Rosen und besprachen die nächstfolgenden Schritte. Innerhalb von wenigen Tagen musste alles erledigt sein. Ich hatte im Voraus die drei Frauen und meinen Destillateur informiert. Doch zunächst besuchten wir am gleichen Tag den Parfümeur.
Was im Film nicht genannt wird ist, dass er bereits in der achten Klasse zur „Nase“ gewählt wurde. Es handelt sich um ein Wettbewerb, bei dem es darum geht Düfte und Aromen zu zu ordnen und zu unterscheiden. Später erfahren wir dann von ihm persönlich, dass er schon immer das machen wollte, was er jetzt tut. Als wir ihn anschauen, müssen wir beide schmunzeln. Die Bezeichnung „Die Nase“ passte ausgezeichnet zu ihm.
Sein Betrieb ist klinisch sauber und ähnelt einem Labor. Was dort überall in den Regealen steht sieht so verführerisch aus, dass ich mich wirklich beherrschen muss, nicht alles an zu fassen. Unermüdlich forscht er mit seiner Frau nach neuen Duftkompositionen und lebt seine Leidenschaft – das kreieren von Parfüms. Leichte, schwere, blumige, verspielte, weibliche oder gar neuerdings unisex. Und da wir im Tal der Rosen sind, enthalten sie alle das kostbare Rosenöl. Ja, Rosenöl ist sehr teuer, doch es leistet Unbezahlbares. Die Rose – so erklärt er uns – ist das schlagende Herz einer jeden Duftkomposition.
Erschöpft jedoch sehr zufrieden mit dem Ergebnis des ersten Tages fahren wir in die wunderschöne Unterkunft, in die ich auch mit meinen Rosenreisenden absteige. Erfreut sehe ich, dass Susanne sichtbar erstaunt ist. Soviel guten Geschmack und schöne Einrichtung hatte sie in diesem kleinen, einfachen Ort nicht erwartet. Stolz berichte ich ihr, dass sich meine Teilnehmer so wohl darin fühlen, dass ich manchmal große Mühe habe sie nach draußen zu bewegen. Zu verlockend zum Verweilen ist der schöne Innenhof und die gemütlichen Zimmer mit der phantastischen Aussicht.
Am nächsten Morgen heißt es dann ganz früh aufstehen. Die Rosenernte beginnt gegen 5.30 Uhr. Und heute wollen wir ja „unsere“ bulgarische Rosenpflückerin finden. Auf Grund der ungewöhnlich kalten Witterung blüht die Rose noch sehr spärlich und die Rosenernte hat mancherorts noch gar nicht begonnen. Doch über diesem Film strahlt ein Glücksstern. Eines der Rosenfelder, das ich auch mit meinen Teilnehmern aufsuche ist nicht sehr hoch gelegen, sodass es dort etwas wärmer ist. Susanne ist neugierig: Ist die Rose wirklich so außergewöhnlich wie sie es immer von mir hört ? Und ist es wirklich so, dass sie etwas Unerklärliches mit den Menschen macht?
Allein die Fahrt zum Rosenfeld ist ein Gedicht aus bunten Blumen, kristallklarer Luft, Freiheit und Vogelgesang. Das Rosenfeld selbst ist ganz in der Nähe des Gebirges gelegen, umsäumt von feurigen Mohnfeldern, Kamille und Kornblumen. Die bunte Pracht lässt die Seele aufatmen. Dort angekommen, weht uns der mir vertraute Rosenduft entgegen. Ein pinkfarbenes Blütenmeer aus zerzausten, soeben in ganzer Schönheit erwachten Rosen. Wir werden von Biser in Empfang genommen, dem Mann der wegen den Rosen aus Frankreich zurückgekommen ist. „Schaut euch um“ – sagt er auf französisch und zu mir gewandt: Du kennst dich ja hier bestens aus. Es dauert keine fünf Minuten und da entdecken wir sie beide gleichzeitig. Radka, die Pflückerin. Noch bevor wir mit ihr gesprochen haben, nicken wir uns wissend zu: Das ist SIE! Das ist die Frau nach der wir suchen! Doch das darauffolgende Gespräch mit ihr übertraf unsere Erwartungen noch um Vieles. Ich erklärte ihr weshalb wir hier sind und dass wir kurz mit ihr sprechen wollen. Gleichzeitig warne ich Susanne vor – ich bin eine sehr schlechte SprachDolmetscherin. Naturdolmetscherin zu sein liegt mir viel mehr. Das wurde mir in die Wiege gelegt.
Bereits als Radka zu sprechen beginnt, erblüht in meinem Inneren eine Rose. Sehr gelassen erzählt sie uns, dass die Arbeit im Rosenfeld sie vollends erfüllt, weil sie sich hier der Natur nahe fühlt. Sie spricht über ihre tiefe Dankbarkeit zur Erde, die uns ernährt und mit allem versorgt. Und wie sehr sie von der Vielfalt und Schönheit, die sie umgibt fasziniert ist. Und dass sie diese Arbeit gern macht, dass es ihr nicht um das Geld allein geht, sondern um diese Verbundenheit, die sie im Herzen berührt und die sie nicht in Worten ausdrücken kann, weil sie eine ganz einfache Frau ist, wie sie sagt. Ich schaue ihr in die Augen und ich fühle ihre Wahrhaftigkeit. Sie berührt mich so sehr, dass mir die Tränen fließen. Sie dagegen lächelt gütig, weil sie sich verstanden fühlt.
Tatsächlich habe ich noch nie einen Menschen erlebt, der so in Frieden ist wie sie. Einen Menschen, der die Dinge bedingungslos annimmt wie sie sind, einfach als eine Sequenz des Lebens. Da ist keine Anklage, kein Bedauern, einfach nur Annahme. Und ich habe noch nie eine Frau erlebt, die mit ihrem Äußeren rundum so zufrieden ist wie sie.
Nachdem der Film 2017 ausgestrahlt wurde erreichten mich zahlreiche Zuschriften, auch Radka betreffend. Viele waren im Zusammenhang mit dem Film zum Thema „Armut“ ins Nachdenken gekommen. Trotzdem diese Frau ein sehr bescheidenes Leben führt, ist sie auf auf einer Weise reicher als einige von von uns. Sie hat ein eigenes Häuschen, das sie je nach Geldlage nach und nach aufbaut. Sie erzählte mir, dass sie bis vor kurzem noch ein Plumpsklo außerhalb des Hause hatte und deshalb nach Deutschland als Erdbeerpflückerin gegangen ist. Damit sie Geld für ein richtiges WC verdient. Dazu besitzt sie etwas, wovon manche von uns nur träumen: eine stabile Familie, Freiheit, Zeit, wilde Natur um sich herum, Haustiere und ein selbst angebautes biologisches Essen.
Indess stimmte mir Susanne zu: Ich bin als Dolmetscherin denkbar ungeeignet. Eine Dolmetscherin weint nämlich nicht bei der Arbeit. Später erfuhr ich von ihr, dass die professionelle Dolmetscherin, die sie für den Filmdreh engagiert hatten auch beim Übersetzen geweint hatte. Gleich doppelt: Als sie den berührenden Geschichten der einfachen Menschen zuhörte und als sie diese ins Deutsche übersetzte.
Ach ja, die Rose.
Doch damit hat unser Herz bewegender Tag gerade erst begonnen. Was als nächstes ansteht ist der Besuch bei meinem lieben Rosenölhersteller. Zum einen damit Susanne den Weg der Rose praktisch erleben und nachvollziehen kann – vom Rosenpflücken bis in die Destillerie – wo der duftende Schatz zu Rosenwasser und Rosenöl weiter verarbeitet wird. Zum anderen damit ich sie mit Alexander, dem Betreiber zusammen bringe. Aus Erfahrung weiß ich, dass der Besuch der Destillerie noch mal ein ganz anderes Dufterlebnis ermöglicht. Das Eintauchen in Nebelschwaden aus Rosenwasser hat bisher jeden tief beeindruckt. Und ich freue mich auf Susannes Reaktion darauf.
Die Zeit der Rosenernte und Rosenölherstellung ist für jeden Destillateur die anstrengendste im Jahr. Der Destillationsprozess dauert 24 Stunden an, an jedem Tag in der Woche, das Druck und Wärmeverhältnis will gut überwacht werden. Höchste Konzentration in jedem Moment entscheidet über die spätere Qualität des Endproduktes – dem begehrtesten Rosenöl der Welt.
Das Rosenöl von Alexander ist nicht nur von einer auserlesener Güte, er selbst ist eine bemerkenswerte Persönlichkeit mit einer Ausstrahlung, die jeden in seinen Bann zieht. Was in dem Film nicht erwäht werden konnte ist, dass er nicht einfach nur Rosen und Rosenöl herstellt. Er unterstützt mit viel persönlichem Einsatz ein Projekt in Afghanistan: Rosen statt Opium. Für dieses Werk wurde er 2015 für den Nobelpreis für Business in Oslo nominiert.
An diesem Tag wird er uns zu seinen Roma Mitarbeitern führen. Damit abgeklärt werden kann, ob sie überhaupt mit dem Dreh einverstanden sind und was in dem Falle auf sie zukommt. Zum vereinbarten Termin angekommen, staunen wir nicht schlecht: Das Gespräch findet in ihrem zu Hause statt.
Susanne erklärt mir, dass dies von einer großen Ehrerbietung zeugt. Normalerweise bleiben Roma lieber unter sich. Wir werden nicht nur als Gäste willkommen geheißen, sondern es wird auch großzügig Essen aufgetragen. Der Tisch biegt sich von Tellern mit Kirschen, Waffeln, Salaten, gebratenen Kartoffeln und die landestypischen Kebatschte (Hackfleisch in Würstform). Die Frauen und Kinder huschen zwischen Tisch und Küche hin und her und sind bunt schillernd zurecht gemacht. „Geht ihr später zur Disko?“ – scherze ich. Sie lachen laut auf -„Nein, wir gehen zur Hochzeit. Und außerdem – ihr seid doch da.“
Das Treffen verläuft ungezwungen und sehr herzlich. Wir werden behandelt, als würden wir zur Familie gehören und ich freue mich, dass ich endlich mit einigen von Ihnen ins Gespräch komme. Gesehen hatten wir uns ja öfter, allerdings immer bei der Arbeit. Sie bei ihrer, ich mit meinen Teilnehmern. Bei solch einer Gelegenheit erzählt mir die Frau des Gastgebers, dass sie Alexander so sehr lieben, dass sie im Falle er einen Unfall hat, alle sofort Blut spenden würden. Als ich es später Alexander erzähle, blitzen in seinen Augen Tränen auf. Er ist zwar ein guter Geschäftsmann, jedoch eben auch Mensch.
Im Laufe des nächsten Tages suchen wir die Frauen der drei Generationen auf. Sie freuen sich über das überraschende Wiedersehen und erzählen mir überglücklich, dass sie bereits die ersten Rosen auf ihrem Feld pflücken können. Es liegt so viel Begeisterung in ihren Worten, als würden sie von einer Niederkunft berichten. Glückwunsch zur Geburt der Rose, liebe Frauen. Die Mühen haben sich gelohnt.
Dafür brauchte ich eine Weile und viel Überredungskunst, ehe ich sie von der Vertrauenswürdigkeit des Arte Senders überzeugen konnte. Ein TV Team von National Geographic hatte schon mal im Tal der Rosen gedreht und hatte sich wenig respektvoll über die Bewohner geäußert. „Sie haben uns so dargestellt, als wären wir primitive Wilde“ – sagt Liljana, die Mutter von Katja. „Für so etwas gebe ich mich und mein Kind nicht her. Was glauben die denn, nur weil wir arm sind, sind wir keine Menschen, oder wie ?“ Schließlich sagt sie: Na gut, ich vertraue dir. Und damit meinte sie mich. Welch ein Geschenk.
An diesem Tag geschieht auch etwas sehr Persönliches. Der Rosenfelsen nimmt Kontakt mit mir auf und übermittelt mir folgende Botschaft: Wir werden uns in diesem Jahr während deinen Rosenreisen nicht sehen. Wenn du willst, dass wir uns sehen, komm jetzt.
Der Rosenfelsen hatte bereits vor vielen Jahren damit begonnen mit mir zu kommunizieren. Anfangs war ich ungläubig, wenn er sagte: Komm du zuerst zu mir hoch. Oder: es wird nur eine Person von der ganzen Gruppe mitkommen u.s.w. Doch im Laufe der Zeit durfte ich erkennen, dass jeder seiner Hinweise sich als richtig erwiesen hatte. So ging ich davon aus, dass ich nun eine Wahl treffen musste. Entweder ich verzichte auf den Besuch bei ihm, oder ich erzähle es Susanne und bitte sie darum auf der Rücktour nach Sofia einen Abstecher zu machen.
Nach langem Hin und Her entschied ich es Susanne zu erzählen. Ihre Reaktion war ganz natürlich und so beispielgebend für ihr offenes Wesen. Sie sagte ganz einfach: Ja! Wenn es dir wichtig ist, dann machen wir das. Tatsächlich hat der Rosenfelsen Recht behalten. Es hat sich in diesem Jahr nicht ergeben, dass ich mit meinen Gruppen dorthin fuhr. Die Rose weiß schon was sie tut.
Zu dem im Film dargestellten Rosenfest ist nicht mehr viel zu sagen, die Bilder, die glücklichen Gesichter und die Freude sprechen für sich. Für meine Rosengruppe war es ein einmalig schönes Erlebnis und eine bleibende Erinnerung.
Abschließen möchte ich meine Erzählung mit einem Zitat von Monika J., einer Teilnehmerin, die hautnah mit dabei war:
Ich erinnere mich so gerne an das Fest mit den Pflückern! Alle haben diese Herzlichkeit,Offenheit und Freude gelebt...und Alle haben miteinander getanzt. Der Gastgeber – Alexander hat so verschiedene Kulturen damit aufs herzlichste verbunden! Auch das Filmteam…lauter junge Menschen…war reizend! Bin sehr gespannt auf den Film! Dir a‘ festes Druckerle, du warst bereit ihnen das Beste das die Rose zu bieten hat zu zeigen!!!
Wer sich für die Rosenreise interessiert, findet alle Informationen hier:
Termine 18.5.-26.5.2019 und 29.5.- 6.6.2019
Was für eine wundervolle Geschichte, Ekaterina. Und der Rosenfelsen ist fest in meinem Herzen verankert.
Vom Herzen Dank für deine lieben Worte, liebe Anja. Ich freue mich riesig zu hören, dass der Rosenfelsen und du noch immer verbunden seid…Nach all den Jahren. Die Magie der Rose ist unbeschreiblich.